Sudden-Death mit über 20 Teilnehmer im CCH dabei

Sudden-Death mit über 20 Teilnehmer im CCH dabei


Selten war eine Versammlung so wichtig wie diese. Das wussten auch alle Mitglieder des HSV und kamen so mit einer großen Anzahl (die größte Versammlung des HSV bis heute - mit in der Spitze von fast 7.200 Mitgliedern) nach Hamburg ins CCH. Allein in der Halle H saßen etwas über 5.800 Mitglieder. Der Rest und auch ein paar 100 interessierte Nichtmitglieder fanden sich in dem Saal 1 wieder, wo alles per Videoleinwand übertragen wurde.

 

Ich habe mir diesmal erlaubt einen Bericht aus dem HSV-Blog (Matz ab von Dieter Matz) zu übernehmen, da er einen Bericht geschrieben hat der alles beinhaltet was dieser Tag so gebracht hat.

 

Udo Lienemann / Bilder: Olli Büscher

 

Rieckhoff und HSVplus sind die Gewinner

 

19. Januar 2014

Es ist vollbracht! Die Schlacht ist geschlagen. Die Weichen sind gestellt, es wird Struktur-Änderungen im HSV geben, die “Rothosen” öffnen sich für Investoren und das Modell „HSVplus“ von Ernst-Otto Rieckhoff ist der große Gewinner dieser legendären HSV-Mitglieder-Versammlung. Um 17.53 Uhr brandete riesiger Jubel im CCH auf, als das Abstimmungs-Ergebnis für „HSVplus“ auf der Anzeigentafel veröffentlicht wurde: 5023 Mitglieder votierten für den Antrag, 1303 stimmten dagegen, es gab 54 Enthaltungen. Es gab langanhaltenden Applaus für Rieckhoff und seine Helfer, von denen Horst Hrubesch, Holger Hieronymus, Ditmar Jakobs, Thomas von Heesen und Dr. Wolfgang Klein an dieser Versammlung teilgenommen haben

 

Der HSV, sportlich und wirtschaftlich schwer angeschlagen, kann jetzt von einer besseren Zukunft träumen - auch wenn die sportliche Seite der Medaille mit Platz 14 und nur 16 Punkten natürlich immer noch höchst prekär ist. Daran muss jetzt verstärkt gearbeitet werden. Trotz aller heißen Debatten und hart geführten Reden ist der HSV meiner Meinung nach mit einem halbwegs heilem Fell aus „der Sache“ herausgekommen.

Auch wenn es gelegentlich hoch, sehr, sehr hoch herging. Das war nicht anders zu erwarten. Ich bin allerdings sehr froh, dass es doch nicht so schlimm geworden ist, wie von einigen befürchtet - auch von mir. Kompliment an alle Mitglieder, die trotz unterschiedlicher Auffassungen doch relativ fair geblieben sind. Großartig. Dass es trotz allem gelegentlich laut, einige Male heiter und humorvoll, gelegentlich sogar auch etwas unfair war, das liegt in der Natur der Sache - ich hatte insgesamt Schlimmeres erwartet. Auch wenn es im Saal eins zu gewissen Turbulenzen, fast auch zu Handgreiflichkeiten gekommen ist. Und auch als um 17.28 Uhr aus einer bestimmten Ecke „Presse-raus“-Rufe gab, blieb alles im Rahmen. Auch darüber wurde natürlich abgestimmt, aber die Presse durfte dann doch bleiben. Hervorragend

 

Dann vorerst einmal, ich muss es loswerden, ein dickes, ein ganz, ganz dickes Kompliment an die beiden Kollegen, die heute von Beginn an live per Ticker aus dem CCH berichtet haben. Marcus „Scholle“ Scholz und Florian Heil haben in meinen Augen fast „Unmenschliches“ geleistet, sie haben ununterbrochen getippt - bravo! Ich weiß, diese Arbeit wurde im Blog auch schon vielfach gewürdigt, aber ich musste das doch noch einmal loswerden, denn das war einfach nur klasse!

 

Die Versammlung begann mit einer viertelstündigen Verspätung - der Andrang war zu groß. Um 10.45 Uhr, also eine Viertelstunde vor dem offiziellen Beginn, wurde die große Halle H im CCH geschlossen, nach 5300 Mitgliedern wurden alle anderen HSVer in jenen Saal eins geführt, in dem sonst fast alle HSV-Jahreshauptversammlungen durchgeführt wurden. 5974 waren bereits um 11.17 Uhr gekommen, so Vorstandsmitglied Oliver Scheel. Diese Zahl bedeuteten schon mal neuen HSV-Rekord. Um 12.02 Uhr, als sich die Mannschaft nach einer Dreiviertelstunde zwecks Vorbereitung auf das Schalke-Spiel verabschiedete, waren insgesamt 6334 Menschen anwesend, davon waren 6195 Mitglieder stimmberechtigt. Die vorläufige „Endzahl“, die gab Veranstaltungs-Leiter Dr. Andreas Peters um 21.30 Uhr bekannt: In der Spitze waren 7165 Mitglieder bei dieser HSV-Jahreshauptversammlung dabei.

 

 

 

Mitglieder des

OFC Sudden Death

 

 

Ernst-Otto Rieckhoff sprach vor ihnen an erster Stelle, und zwar in Sachen Struktur-Reform - natürlich über sein Modell „HSVplus“. Da wurden die Mehrheits-Verhältnisse in der großen Halle schon einmal vorab akustisch geklärt. Denn EOR wurde von Beginn an stürmisch gefeiert und sagte vorab: „Warum macht das HSVplus-Konzept ausgerechnet dieser Rieckhoff? Der doch acht Jahre lang im Aufsichtsrat mit dazu beigetragen hat, dass die Situation so ist, wie sie heute ist. Ja, der Rieckhoff macht das, weil er zu seinen Fehlern steht, weil er sich im Gegensatz zu anderen nicht versteckt und sich nicht rausredet.“ Donnernder Applaus. Der frühere Aufsichtsrats-Chef weiter: „Die Zeit war reif, eine neue Struktur vorzuschlagen, weil ich weiß, wie es nicht geht - und vor allem, wie es jetzt gehen muss.“ Und er fügte auf Nachfrage hinzu: „Ich strebe kein Amt mehr in diesem HSV an.“

 

Jürgen Hunke brachte, auch um sich selbst zu disziplinieren, eine Schach-Uhr (in Berlin gekauft) mit und drückte sie dem Versammlungsleiter Dr. Andreas Peters in die Hand. Dafür erntete Hunke (Modell: „Zukunft mit Tradition“) einige Pfiffe. Das ehemalige Vorstands-Mitglied Christian Reichert sprach für „HSV-Reform“ und erhielt nach Rieckhoff wohl den meisten Beifall. Für das Model „Rautenherz“ sprach - sehr engagiert - Rainer Ferslev, für das Modell „HSV 21“ trat Professor Wolfgang Müller-Michaelis ans Pult - vom Applaus her gab es für beide Redner zwar Beifall, aber sie kamen nicht annähernd in Rieckhoffsche Dimensionen.

 

Hoch her, in der Tat, ging es dann bei den zahlreichen Rednern, die ans Pult traten. So hoch und so emotional und so lang, dass irgendwann eine Rednerzeit-Regulierung in Kraft trat - nur noch zwei Minuten. Das traf dann gleich zu Beginn den ehemaligen Präsidenten Dr. Peter Krohn, der sich demokratisch beugte und sich sehr zurückhielt. Krohn, der viel Beifall erhielt, sagte in seinem Beitrag: „Es geht nicht um Strukturen, es geht um die handelnden Personen. So ist es übrigens auch bei Bayern München.“

 

 

 

es wurde viel diskutiert

und es wurde

sehr spät...

 

(Bild: Mitglieder des

OFC Sudden Death)

 

Vom ehemaligen Aufsichtsrats-Mitglied Gerhard Hein (HSV-Fußball-Frauen) mit einigen Fragen geschickt „ins Spiel“ gebracht wurde der Vorstand - eine Art „Doppelpass“. Joachim Hilke, der so lange, über Monate, hatte schweigen musste, weil sich Vorstand und Aufsichtsrat ein Schweige-Gelübde gegeben oder verordnet hatten, nahm an diesem historischen Tag dann aber so etwas von Stellung, dass fast alle von ihren Sitzen purzelten. Offener und schonungsloser ging es nicht, das hatte Gewicht, das war Super-Klasse, das war schon endlich und lange mal fällig. Sensationell, Joachim Hilke! Auch wenn es natürlich auch einige böse Reaktionen darauf gab, aber das war natürlich zu erwarten. Hilke kann damit leben, wird damit leben - und von seinen „Vorgesetzten“, den Herren Aufsichtsräten, wird er auch keinen Schuss vor den Bug erhalten, denn alle haben es in dem CCH erlebt, wie sehr Hilke gefeiert wurde. Horst Hrubesch hob den Daumen, Professor Jörg Debatin stand spontan auf und applaudierte. Viele schlossen sich ihm an.

 

Für viel Aufsehen sorgte das ehemalige Aufsichtsrats-Mitglied Axel Formeseyn, der in seiner Rede allen seinen Emotionen freien Lauf ließ - überragend! „Es wäre wohl besser gewesen, wenn dieser Aufsichtsrat, der sich schon etliche Verfehlungen geleistet hat, vorher zurückgetreten wäre . . .“ Und, auch das sagte Formeseyn: „Wir brauchen eine deutliche Reform, und zwar an allen Ecken und Kanten.“

Überraschend trat auch Karl Gernandt, Generalbevollmächtigter von Klaus-Michael Kühne, an das Mikrofon, er stellte klar, dass sein Chef die ersten Millionen, die er dem HSV zur Verfügung gestellt hatte, komplett geschenkt hat. Und zweitens sagte er, dass sie alle fünf Anträge zur Struktur-Reform geprüft hätten und zu dem Schluss gekommen sind, HSVplus zu unterstützen. Das gab zweimal viel Applaus.

viel Prominenz und im Hintergrund Mitglieder vom Sudden-Death
viel Prominenz und im Hintergrund Mitglieder vom Sudden-Death

 

Fünf Stunden und länger wurde danach heiß und heißer diskutiert. Am Ende stand die Entscheidung, die Entscheidung über die Struktur-Änderungen zu vertagen. Diesen Antrag hatte Aufsichtsrats-Mitglied Eckart Westphalen gestellt - und wurde abgeschmettert. 5146 Mitglieder stimmten dagegen (82,1 Prozent), 1122 stimmten dafür, es gab 93 Enthaltungen.

 

Dann die Entscheidung des Tages - mit dem Sieger „HSVplus“. Danach stand das Modell „Rautenherz“ auf dem Prüfstand und fiel durch, es waren nämlich 78,2 Prozent der Mitglieder dagegen. „HSV 21“ von Professor Müller-Michaelis erhielt noch weniger Zustimmung, es gab 85,7 Prozent Ablehnung. Und Jürgen Hunke sagte unmittelbar vor der Abstimmung über sein Modell: „Einmal an diesem Tag möchte ich auch mal Beifall haben: ich ziehe meinen Antrag zurück.“

 

Da brandete großer Jubel in der Halle - Hunke hatte es (fast) erwartet. Und der frühere HSV-Präsident sagte - und zwar lächelnd und keineswegs schlecht gelaunt: „Es war eine tolle Versammlung.“ Da gab es dann gleich noch einmal Beifall. Hunke wollte gewiss nicht verlieren, aber er zeigte sich in der Niederlage äußerst fair.

 

Das Modell „HSV-Reform“, abschließend vorgetragen - und zwar sehr emotional vorgetragen - von Christian Reichert, wurde zuletzt abgestimmt - und zwar in sieben Etappen. Es hätte bei jeder Abstimmung eine Dreiviertel-Mehrheit (75 Prozent)) geben müssen, aber die gab es in keinem Fall. Alles abgelehnt.

 

Ein unwahrscheinlich emotionaler Tag geht zu Ende. Es war heiß, aber, um es mit Jürgen Hunke zu sagen: „Es war eine tolle Veranstaltung.“ Mit einem Sieger, der mir gefällt, denn eines ist doch klar: Sieger-Typen und echte HSVer wie Hrubesch, Jakobs, von Heesen und Hieronymus, dazu ein Willi Schulz, ein Peter Nogly, die hätten sich allein (und nur für sich) nie für ein Pöstchen Verantwortung zur Verfügung gestellt, weil die Angst vor einem „Durchgefallen“ viel zu groß war. Jetzt aber könnte diese geballte Experten-Runde dabei helfen, dass der HSV endlich auf vernünftige Beine gestellt wird. Jetzt, so hoffe ich, reden endlich (nur) Experten mit. Und keine Leute, die früher nicht mit dem Ball an der Außenlinie auf und ab gelaufen sind, und danach eine halbhohe Flanke zur Mitte geschlagen haben.

 

Es ist vollbracht. Wenn auch erst einmal nur ein (erster und kleiner) Schritt; der nächste Schritt muss dann im Sommer erfolgen. Und wie hat es Sieger Otto Rieckhoff sofort nach dem Ergebnis gesagt: „Ich bin überwältigt. Aber ab morgen, oder spätestens ab übermorgen, müssen wir uns alle damit befassen, dass unsere Mannschaft in diesem Jahr die Klasse hält, das ist nun das oberste Gebot.“

 

Wieder - oder noch - ein Volltreffer, Otto!

 

So, die Versammlung ging aber noch weiter, obwohl viele, viele gingen. Ein ganz wichtiger Punkt wurde aber noch zur Abstimmung gebracht - es ging um die Fernwahl. Da gab es natürlich wieder Für und Wider - nicht zu knapp. „Wenn es zur Briefwahl kommt, dann käme keiner mehr zur Mitgliederversammlung“, sagte Dr. Krohn, gab sich aber selbst eine ironische Antwort: „Aber Sie haben jetzt ja ein Modell gewählt, wenn das im Sommer dann durchkommt, dann brauchen wir ja auch fast keine Wahl mehr . . .“ Einen anderen Vorschlag machte Christian Reichert: „Wir sollten an mehreren Orten eine Mitgliederversammlung durchführen, mal hier, mal dort - und ich bin bereit, als HSV-Offizieller dabei mitzuhelfen. Teurer als die heutige Versammlung dürfte das dann auch nicht werden - wir haben heute ja schon eine Fernwahl, nämlich im Saal eins.“

 

Die Abstimmung ging dann wie folgt aus: 3057 Stimmen waren für die Brief-/Fern-Wahl, das waren „nur“ 72,3 Prozent. Da eine Dreiviertel-Mehrheit erforderlich, wurde der erste Antrag (von Bernd Thoenneßen) abgelehnt - riesiger Jubel der Gegner, die nur denkbar knapp siegten. Beim zweiten Antrag (einiger Mitglieder) waren 73,7 Prozent dafür, das waren 3110 Stimmen, 1111 Stimmen waren dagegen, das waren zwar nur 26,3 Prozent - aber der „Sieg“ für die Ablehner. Der Erfolg wurde lautstark gefeiert und euphorisch besungen. Obwohl es von denen, die „verloren“ hatten, nicht als Freude quittiert und zur Kenntnis genommen wurde, sondern als Häme. Aber, die “Verlierer“ trösteten sich dann doch damit: „Es war letztlich der einzige Sieg, den diese Gruppe feiern konnte.“

 

Es folgten die Berichte des Aufsichtsrates und des Vorstandes - und die Aussprache dazu. Zu diesem Zeitpunkt waren die „Ehemaligen“ um Otto Rieckhoff aber schon längst bei einer kleinen, schnell improvisierten Sieges-Feier. Bei der dann doch das eine oder andere Bierchen gezischt wurde. Jedenfalls kündigten so etwas die „83er“ an. Prost! Und gute Nacht dazu. Bei den Punkten „Entlastungen“ waren noch cirka 400 Mitglieder dabei, drei Gegenstimmen gab es in Richtung Rechnungsprüfer, bei der Vorstands-Entlastung gab es 27 Gegenstimmen - Entlastung erteilt. Beim Aufsichtsrat gab es dann allerdings keine Entlastung mehr. 132 Mitglieder stimmten dafür, das waren 42,3 Prozent, mit „nein“ stimmten 180, das sind 57,7 Prozent. Das war doch noch einmal eine kleine (oder doch eher große?) Überraschung. Und die hatte es erst per Abstimmung mit dem Wahl-Gerät gegeben.

 

Ende der Versammlung um 22.10 Uhr